Ungeliebter Bahnhof SBB

Plan der Stadt Basel 1860 mit geplantem Bahnhof rot eingezeichnet.

Als der erste „Bahnhof der Schweizerischen Centralbahn" 1860 vor dem damals noch existierenden Elisabethenbollwerk gebaut wurde, war Basel-Stadt gerade einmal 27 Jahre ein Halbkanton.

Man würde meinen, dass dieser Umstand für die Wahl des Standorts des Basler Bahnhofs keine Rolle gespielt haben dürfte. Fakt ist, dass der junge Kanton Basel-Landschaft das Birsfeld anbot. Basel entschied sich aber für einen Bahnhof innerhalb der Kantonsgrenzen. Und nur vor den Mauern waren geeignete Grundstücke in ausreichender Grösse zu erschwinglichen Preisen zu haben. Nachdem Varianten vor dem St. Alban- und Aeschentor geprüft worden waren, wurde also am jetzigen Standort gebaut.

Somit ist also der Bahnhof heute faute de mieux an seinem eher unglücklichen Standort. Im Gegensatz zu anderen grösseren schweizerischen Städten liegt recht eigentlich peripher und er stellt ein nur schwer überwindbares Hindernis zum grössten städtischen Quartier, dem Gundeldingen, dar.

Dies mag der Grund sein, dass Basel den Bahnhof auch nie so recht ins Herz geschlossen hat. So wurde der Aeschengraben nie zu einer Bahnhofstrasse im zürcherischen Sinn. An bester stadtentwicklerischer Lage baute man da das De Wette-Schulhaus und auf der anderen Seite zuerst Tankstellen, dann eine Versicherungsgesellschaft; zugegeben dann auch noch ein Hotel. Interessanterweise heisst der Platz vor dem Bahnhof immer noch, wie zur Gründerzeit, „Centralbahnplatz„ und nicht „Bahnhofplatz“. Vielleicht ein nicht beabsichtigtes Indiz dafür, dass sich Basel durchaus bewusst ist, dass dieser Platz nicht in der Liga der Bahnhofplätze anderer Schweizer Städte mitspielen kann.

Der Masterplan Bahnhof SBB von 1986 führte immerhin dazu, dass die Tramverbindungen zum Bahnhof optimiert wurden. Noch immer ist aber ist die Situation rund um diesen wichtigen Knotenpunkt in vielfacher Hinsicht unbefriedigend: Engpässe auf der Passerelle, fehlende Querungen ins Gundeli für den Langsamverkehr, eine desolate Parkplatzsituation für Velos und ein vor sich hin darbender Bahnhof SNCF, um nur das Augenfälligste zu nennen.

So klar es ist, dass die SBB als Land- und Immobilienbesitzer das Sagen in Sachen Optimierung und Ausbau des Bahnhofs haben, so klar scheint mir auch, dass die Stadt vis-à-vis dem Grosskonzern seine Anliegen nachdrücklich vorbringt und Konzepte erarbeitet oder unterstützt, die für die Stadt und für die vornehmlich profitorientierte SBB zu Win-win-Situationen führen. Die Diskussion über die Vision CentralPark hat meines Erachtens gezeigt, dass dieser Dialog nicht optimal läuft: Zuständigkeiten werden hin und her geschoben, frei nach dem Mikado-Motto: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.

Das war nicht immer so. Die aufgrund des Masterplans gegründete sog. „Gruppe Bahnhof„ nahm sich damals vor, „eine wirtschaftlich, verkehrsmässig und städtebaulich sinnvolle Entwicklung des Gebietes um den Bahnhof SBB in Basel im Sinne einer Verkehrsdrehscheibe und eines Dienstleistungszentrums“ zu fördern. Der Elan der Gruppe nahm nach der Verwirklichung des Masterplans, an dem sie namhaft mitarbeitete, allerdings ab. Mit dem Entschluss der Gruppe, sich unter neuem Namen nun ganz dem Herzstück zu widmen, verabschiedete sich diese „dritte Kraft„ der „zivilen“ Anspruchsgruppen neben Verwaltung und SBB in den Bahnhofsuntergrund.

Mit der Gründung einer „Neuen Gruppe Bahnhof" im September 2012 soll in Sachen Dialog zwischen Verwaltung, SBB und Öffentlichkeit ein Neuanfang gemacht werden. Die seit daher geführten Gespräche der Gruppe mit Verwaltung und SBB stimmen optimistisch. In diesem Sinne kann gehofft werden, dass es vorwärtsgeht im und rund um den Bahnhof; er hat es verdient.